Berufskrankheiten
Berufskrankheiten (kurz BK genannt) entstehen durch gesundheitsschädigende
Einflüsse am Arbeitsplatz.
Die Ursachen sind vielgestaltig:Chemikalien, Geräusche,
Strahlung, mechanische Belastung etc.. Die Krankheiten
selbst können völlig unterschiedlich sein (z. B. Allergien,
Arthrose, Krebs, Hörminderung).
Bevor eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wird,
muß grundsätzlich ein Ursachenzusammenhang (=Kausalzusammenhang)
zwischen der beruflichen Belastung einerseits und einer spezifischen
Erkrankung bei mehreren Patienten andererseits bewiesen worden sein.
Diese Erkenntnisse müssen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften
veröffentlicht werden. Danach entscheidet die Regierung in Zusammenarbeit
mit Ärzten, ob eine offizielle Anerkennung erfolgen kann. Die Krankheit
wird dann in eine Berufskrankheitenliste aufgenommen und mit einer Ziffer
versehen (Quelle 1). Erst danach besteht
die Möglichkeit, daß diese Berufskrankheit für weitere Einzelpatienten
anerkannt wird.
Im allgemeinen stellt zunächst der behandelnde Arzt
die Krank-
heit fest. Er prüft dann, ob sie durch Belastungen am Arbeitsplatz
ausgelöst werden kann. Dabei sind ihm die Hinweise der Patienten
sehr hilfreich. Besteht der Verdacht auf eine Berufserkrankung, wird
der behandelnde Arzt ein grünes Meldeformular ausfüllen, welches
über den Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Quelle
2) zu beziehen ist. Dieses Formular wird mit dem Arztbrief an die für
den Patienten zuständige Berufsgenossenschaft (kurz BG genannt)
geschickt. Die Adresse der zuständigen Berufsgenossenschaft kann
der betroffene Patient selbst beim Arbeitgeber, Betriebsrat, Gewerkschaft,
Hauptverband der Berufsgenossenschaften etc. erfragen. Jeder Patient
kann diese Formalitäten auch ohne ärztliche Mithilfe erledigen.
Die informierte Berufsgenossenschaft wird selbst mit dem
Patienten Kontakt aufnehmen, um eine Klärung zu ermöglichen.
Nach einer genauen Befragung schaltet sie den technischen Aufsichtsdienst
(kurz TAD genannt) ein, der am Arbeitsplatz aufwendige Messungen zu
den Belastungen vornimmt.
An dieser Stelle kann es zu ernsthaften Konflikten zwischen
dem Arbeitnehmer und der Geschäftsführung kommen.
Falls nun der technische Aufsichtsdienst feststellt, daß
eine berufliche Ursache der Erkrankung möglich ist, wird von der
Berufsgenossenschaft ein medizinisches Gutachten in Auftrag gegeben.
Der Patient muß dabei unter 3 Gutachtern auswählen können.
Der Gutachter ist im allgemeinen ein Facharzt;
er empfiehlt nunmehr die Anerkennung oder Ablehnung einer Berufskrankheit.
Die Entscheidung wird vom beratenden Arzt,
der Berufsgenossenschaft und dem staatlichen Gewerbearzt überprüft.
Erst danach steht fest, ob eine Berufskrankheit vorliegt und eine Rente
gewährt wird. Die Höhe der Rente richtet sich zunächst
nach der Krankheit. Darüber hinaus entscheidet der Funktionsverlust,
der durch die Schwere der Krankheit selbst bestimmt wird. Beide zusammen
ergeben dann die Minderung der Erwerbsfähigkeit (kurz MdE genannt).
Sie wird in Zehnerschritten von 10 % (sehr leicht) bis 100 % (sehr schwer)
angegeben.
Ab 20 % aufwärts besteht eine Rentenpflicht. Je höher die
MdE bemessen wird, desto besser fällt die Rente aus. Die Prozent-
zahlen für die MdE werden vom Bundesministerium für Arbeit
und Sozialordnung für verschiedene Krankheiten und unterschiedliche
Funktionsverluste festgelegt und veröffentlicht (siehe Quelle 3).
Das Buch kann von interessierten Patienten beim Bundesministerium bestellt
und bezahlt werden.
Falls eine Berufserkrankung abgelehnt wird, kann der Patient
selbst oder sein Vertreter (z. B. Gewerkschaft, VdK, Silikosebund, freie
Rechtsanwälte (am besten für Sozialrecht)) innerhalb einer
bestimmten Frist (meist 4 Wochen) Widerspruch einlegen. Dabei ist zu
prüfen, ob ein medizinischer Befund übersehen oder anders
interpretiert wurde. Die Gründe sollten der Berufsgenossenschaft
schriftlich dargelegt werden. Falls auch der Widerspruchsausschuß der
Berufsgenossenschaft bei seiner Ablehnung bleibt, kann der Patient oder
sein Vertreter vor dem Sozialgericht klagen. Das Gericht entscheidet
dann, ob ein erneutes Gutachten bei einem weiteren medizinischen Gutachter
in Auftrag gegeben wird. Falls dann wiederum eine Ablehnung erfolgt,
kann der Patient das Landessozialgericht anrufen, bei dem die Ablehnung
noch einmal überprüft und manchmal in eine Anerkennung umgewandelt
wird.
Quelle 1:
Liste und Merkblätter der Berufskrankheiten:
www-ifam.med.uni-rostock.de/bkvo/bekvo.htm
Quelle 2:
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG), Alte Heerstr.111,
D-53754 Sankt-Augustin, Tel.: 02241/23101 (www.hvbg.de)
Quelle 3:
Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im
sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz.
Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Referat
Öffentlichkeitsarbeit, Postfach 500, 53105 Bonn
Dr. Dr. med. Th. Hürter, Geilenkirchen |